Rettet die frische Milch
Angesichts des drastischen Anstiegs der sogenannten ESL (Extended Shelf Life) Milch im deutschen Handel und mangels verbindlicher Kennzeichnungs-Vvorschriften seitens der Bundesregierung ist es Slowfood Hamburg ein großes Anliegen, zur aktuellen Situation kritisch Stellung zu nehmen und Verbrauchern Bezugsadressen für wirklich frische Milch – Rohmilch und Vorzugsmilch – zur Verfügung zu stellen.
Ein Aufruf von Slow Food Hamburg
Angesichts des drastischen Anstiegs der sogenannten ESL (Extended Shelf Life) Milch im deutschen Handel und mangels verbindlicher Kennzeichnungsvorschriften seitens der Bundesregierung ist es Slowfood Hamburg ein großes Anliegen, zur aktuellen Situation kritisch Stellung zu nehmen und Verbrauchern Bezugsadressen für wirklich frische Milch – Rohmilch und Vorzugsmilch – zur Verfügung zu stellen.
Slow Food Hamburg lehnt den u.a. vom Milchindustrieverband erarbeiteten Vorschlag ab, ESL-Milch, die durch Hocherhitzung oder Ultrafiltration haltbar gemacht worden ist, mit der Bezeichnung „frisch“ zu verkaufen, da es sich hier um grobe Verbrauchertäuschung handelt. Mehr als drei Wochen alte Milch ist keine „frische“ Milch. Sowenig wie Milch aus dem Flachland als ‚Alpenmilch’ verkauft werden darf, sowenig darf alte Milch als ‚frische’ verkauft werden. Besonders empörend ist die Praxis von ALDI-Nord, wo die bisherige Frischmilchverpackung nun fast unverändert für die ‚längerfrische Milch’ genutzt wird.
Doch Bundesverbraucherschutzministerium, Milchwirtschaft und Handel sehen das anders: ESL-Milch darf weiter „Frischmilch“ heißen. Wie von der Verbraucherzentrale umfassend berichtet wurde, wurde per 3. Februar 2009 auf der Basis einer Selbstverpflichtung eine „freiwillige Kennzeichnung“ der ESL-Milch mit dem Hinweis „länger haltbar“ und der pasteurisierten Frischmilch mit dem Zusatz “traditionell hergestellt“ vereinbart. Damit geht der schleichende Etikettenschwindel mit den verwirrenden Bezeichnungen weiter. ESL-Milch darf weiter frisch genannt werden, auch Fantasie-Namen wie „Maxifrisch“ sind laut Vereinbarung nicht untersagt. Bei der pasteurisierten Milch erweckt der Zusatz „traditionell“ vollkommen irreführende Assoziationen.
Die Interessen der Verbraucher, pasteurisierte frische Milch auf den ersten Blick erkennen zu können, werden nur unzureichend berücksichtigt. Es wird keine wirkliche Transparenz am Kühlregal geschaffen.
Die Verbraucherzentrale Hamburg und Slow Food Hamburg fordern deshalb:
- Es muss sichergestellt sein, dass Frischmilch weiter verfügbar ist.
- Der Begriff „Frischmilch“ soll der üblichen pasteurisierten Milch vorbehalten bleiben.
- Statt dieser laschen Selbstverpflichtung sollte die nationale Kennzeichnungsverordnung geändert und für die ESL-Milch eine eigene Verkehrsbezeichnung gebildet werden
(Weitere Informationen zur Stellungnahme der Verbraucherzentrale und der Aktion „Rettet die Frischmilch“ unter www.vzhh.de)
Die freiwillige Selbstverpflichtung ist auch aus der Sicht von Slow Food Hamburg völlig unzureichend. Sie umfasst verpflichtend nur Eigenmarken der Mitgliedsfirmen des Milchindustrieverbandes. Die Kennzeichnung der Eigenmarken der Handelsketten wird sogar „nur empfohlen“. Wir fordern deshalb – in Übereinstimmung mit der Verbraucherzentrale – eine eindeutige gesetzliche Festlegung. Sinnvoll erscheint uns ein Frischelabel (entsprechend der Energielabel):
- A Vorzugsmilch Rohmilch
- B Pasteurisierte Frischmilch
- C ESL Milch
- D H-Milch (ultrahocherhitzt)
BEZUGSQUELLEN FÜR FRISCHMILCH
DEFINITIONEN
Was ist wirklich frische Milch?
Rohmilch ist eine unbehandelte Milch und Grundstoff aller Milchprodukte. Nach EU-Recht ist Rohmilch das unveränderte Gemelk einer oder mehrerer Kühe, Schafe, Ziegen oder Wasserbüffel, das nicht über 40 ºC erhitzt und keiner Behandlung mit ähnlicher Wirkung unterzogen wurde. Für die Herstellung und den Verkauf von Rohmilch und Rohmilchprodukten, insbesondere Rohmilchkäse, gelten besondere Hygienevorschriften. In Deutschland wird Rohmilch als Vorzugsmilch oder direkt von Bauern als Milch ab Hof verkauft.
Als Vorzugsmilch wird eine aus Rohmilch durch Verpacken und Filtrieren hergestellte Milch bezeichnet. Sie darf vom Erzeuger und Weiterverarbeiter lediglich gefiltert und muss nach der Abfüllung gekühlt werden. Sie darf nicht erhitzt (z. B. Ultrahocherhitzung, Pasteurisierung) und nicht homogenisiert werden. Die Inhaltsstoffe, wie Vitamine und natürlicher Fettgehalt werden so weitestgehend erhalten.
Kein Nahrungsmittel wird in Deutschland so akribisch untersucht und überwacht wie die Vorzugsmilch. Die Anforderungen an den Gesundheitszustand der Kühe, an Melkhygiene und Beschaffenheit der Milch, an deren Kühlung, Verpackung und Beförderung und nicht zuletzt an den Gesundheitszustand des Personals sind besonders hoch. Zum Beispiel werden monatlich Milchproben untersucht. Sie dürfen keine pathogenen Mikroorganismen bzw. ihre Toxine enthalten, die die Gesundheit des Verbrauchers beeinträchtigen können. Nur rund 80 Erzeugerbetriebe in ganz Deutschland erfüllen diese Voraussetzungen. Jeder einzelne Betrieb bürgt so mit seinem Namen für die Qualität der Milch.
Wissenswertes zum Thema Roh- und Vorzugsmilch vom Bundesverband der Vorzugsmilcherzeuger finden Sie außerdem unter http://www.milch-und-mehr.de
Aktuelle Einkaufsmöglichkeiten im Artikel Rohmilch und Vorzugsmilch